Eintauchen in die Zeitlosigkeit
H. C. Artmann liest Artmann
Setzt man sich mit Klassikern der österreichischen Literatur auseinander, darf H. C. Artmann nicht fehlen. Er spielt mit der Sprache und seinen Texten und schafft dadurch eine lebendige Welt der Fantasie, die gerne auch einmal ins Absurde abgleitet. Wenn Artmann seine eigenen Texte liest, erhalten diese jedoch einen ungeahnt ernsten Ton. Er liest ruhig, lässt sich Zeit, gibt der Sprache Raum, um die Vorstellung anzuregen. Die Figuren in Texten wie „Flieger, grüß mir die sonne …“ sind in ihrer Lächerlichkeit kaum zu überbieten, aber Artmann erzählt von ihren Macken und Unzulänglichkeiten, als wäre er ein unbeteiligter Dritter, der einem lediglich eine kleine Anekdote näherbringen möchte.
Ingeborg Bachmann – Kriegstagebuch
Anna Thalbach liest Tagebucheinträge der heranwachsenden Ingeborg Bachmann, die ihre Erlebnisse zum Ende des zweiten Weltkriegs und während der Nachkriegszeit schildert. Eine bedeutende Rolle nimmt darin der britische Besatzungssoldat Jack Hamesh ein. Nach seiner Ausreise nach Palästina verbindet die beiden weiterhin eine intensive Brieffreundschaft. Hameshs Briefe an Bachmann befinden sich ebenfalls auf der CD. Die Briefe bringen eine starke Wertschätzung und Zärtlichkeit gegenüber Bachmann zum Ausdruck, die durch Heikko Deutschmanns Lesung auf besondere Weise zum Ausdruck kommen.
Thomas Bernhard – Der Keller. Eine Entziehung
Thomas Bernhard beschreibt den Beginn seiner beruflichen Laufbahn, der an einem gewöhnlichen Schultag seinen Ausgangspunkt nimmt. Entschlossen „in die entgegengesetzte Richtung“ zu gehen, erhält Bernhard auf dem Arbeitsamt schlussendlich die Kontaktdaten eines Kolonialwarenhändlers in der Scherzhauserfeldsiedlung. Die Siedlung stellt den Gegenentwurf zu den Nobelbezirken Salzburgs dar, für Bernhard aber ist sie ein Zufluchtsort. Der Keller ist Teil von Thomas Bernhards Autobiographie und beschreibt auch, wie Bernhard über den Musikunterricht schlussendlich wieder zur Freude am Lernen findet. Peter Simonischek liest Bernhards Erlebnisse unaufgeregt und mit ruhiger Sachlichkeit. Beinahe vergisst man beim Hören, dass einem nicht Bernhard selbst gegenübersitzt.
Ins Kaffeehaus, gelesen von Fritz Muliar
Fritz Muliar ist eine der klassischen Stimmen des österreichischen Theaters. Auf dieser CD trägt er auf unterhaltsame und äußerst eloquente Art Anekdoten, Zitate und Analysen über das Kaffeehaus zusammen, den Ort für Menschen, die „alleine sein wollen, aber dafür Gesellschaft brauchen“. Er erklärt mit Witz und Charme, warum nussbraun nicht die Farbe des Kaffees, sondern vielmehr die Größe der Kaffeetasse beschreibt und warum es eigentlich gar nicht Tasse heißen darf, denn darunter verstehen Wiener Kaffeehauskellner:innen nur die Untertasse. Musik von Hans Kann trägt ihr Übriges dazu bei, die Kaffeehausliteratur und -kultur für die Hörer:innen erlebbar zu machen.
Schönes Hören!
Anna Eisenhut